Guten Tag, vorab: falls dieses Thema hier oder an anderer Stelle schon behandelt worden ist, bin ich über einen verlinkten Hinweis sehr dankbar! Bisher verfasse ich Protokolle von Ortsterminen so, dass ich in einen Notizblock schreibe, Fotos mit dem Handy schieße und im Idealfall am nächsten Tag im Büro am Rechner ein Protokoll unter Verwendung einer bestimmten Vorlage in Word oder Powerpoint erstelle. Meine Fragen: a) Gibt es außer der bereits erwähnten Diktiergerätvariante andere erprobte Lösungen? Wie sehen Ihre Erfahrungen mit den verschiedenen Varianten aus? b) Wie füge ich das Gesprochene am besten in Dokumentvorlagen ein?
Spannende Frage. Als Anfänger nutze ich Dragon (jetzt seit einem dreiviertel Jahr) im wesentlichen zum Verfassen von Fachaufsätzen und Erstellen von Protokollen. Dabei habe ich folgende Erfahrungen gemacht.
1. Das Schreiben in eine Textverarbeitung (Word) ist eine erhebliche Erleichterung. Die Spracherkennung ist extrem zuverlässig. Für mich liegt die Herausforderung in der Strukturierung meiner Gedanken und der „druckreifen“ Aussprache. Die Vielfalt der möglichen Formatierungen und Befehle mit Dragon kann ich momentan noch gar nicht nutzen. Ich konzentriere mich auf ein sauberes Diktat und die wesentlichen Formatierungen (Zeilenschaltungen, Fettdruck,usw.) Die visuelle Kontrolle des Textes (wobei ich versuche erst nach vollständigen Sätzen wieder auf den Text zu schauen, und nicht jedes Wort mit zu lesen) und die direkte Korrekturmöglichkeit sind dabei wesentlich. Hierin investiere ich momentan die Übungszeit, wobei sich die "Tippersparnis" subjektiv schon nach 4 Wochen "gelohnt" hat.
2. Die Nutzung von Vorlagen (insbesondere formatierte Tabellen in Word, Formularfelder oder ähnliches) oder nicht vollständig unterstützten Programme (PowerPoint, OneNote) ist für mich noch schwer bzw. nicht optimal gelöst. Texte diktiere ich mit dem Diktierfenster oder DragonPad, und füge die Texte dann ein (PowerPoint). Formatvorlagen , Überschriften, Verzeichnisse, Bilder einfügen in Word erledige ich manuell (nach dem Diktat, bei deaktivierter Spracherkennung).
3. Eine Umsetzung von in ein Diktiergerät diktiertem Text ist technisch möglich, mir fehlt jedoch noch die visuelle Rückmeldung, und in der Nutzung mit Befehlen bin ich noch nicht sicher genug. Um Textfragmente aus Büchern zu exzerpieren gelingt es mir, für komplizierte Texte fehlt mir sicherlich noch extrem viel Übung. Sauber "vorgelesene" Zitate aus Büchern (in ruhiger Umgebung) werden aus dem Diktiergerät gut umgesetzt. (Achtung, bei wörtlichen Zitaten schreibt Dragon/Word natürlich die neue Rechtschreibung, auch wenn ich "alte" vorlese)
4. Notizen, die ich in Besprechungen festhalte (häufig in OneNote) oder unterwegs in ein Diktiergerät spreche sind häufig Halbsätze oder Stichworte. Mitgeschnittene Vorträge oder Besprechungen lassen sich ebenso wenig direkt in Dragon umsetzen. Das Rätseln, was falsch umgesetzte Worte eigentlich im Zusammenhang bedeuten sollten, nimmt mehr Zeit in Anspruch, als direkt von der Mitschrift neu in ganzen Sätzen zu diktieren. Dies gilt übrigens auch für die automatische Handschriftenumwandlung in OneNote (mit dem Nachteil, das hierbei die "Handschrift" wirklich umgewandelt ist, also "weg" ist - deswegen mache ich vorher immer eine Kopie.) Hier nutze ich die Notizen als Grundlage für ein neues Diktat in die Textverarbeitung, teilweise auch abgehörte Notizen von Diktiergerät. Wörtliche Zitate aus Besprechungen setze ich per „Echodiktat“ um, in dem ich den Text mit Kopfhörer abhöre und selber neu diktiere.
5. Ich beginne damit, im Anschluss an Außentermine oder Besprechungen die Notizen ins Diktiergerät zu sprechen (insbesondere wenn der Rechner nicht verfügbar ist) und später direkt in Dragon umzusetzen. Hier bin ich aber noch weit von einem vollständig ausformulierten Text entfernt, die Nachbearbeitung dieser Notizen erledige ich im Regelfalle mit der Tastatur (Insbesondere wenn ich Abbildungen einfüge). Für das Diktat ins Diktiergerät fehlt es mir je nach äußeren Umständen an Konzentration und teilweise Verfügbarkeit weiterer Dokumente/Fotos etc., für die Nachbearbeitung des Textes mit Dragon an Übung und Disziplin.
Fazit: die Nutzung von Dragon in Word war bereits nach kurzer Zeit eine erhebliche Arbeitserleichterung. Diktiergeräte können für mich in gewisser Weise Ersatz für einen Notizblock sein oder (mit noch einiger Übung) unabhängig vom Rechner zu diktieren. Um beide Arbeitsschritte zusammenzuziehen benötige zumindest ich noch erhebliche Übung. Bei der Nutzung des Diktiergerätes ist die Sprache für meine Ohren gut genug zu verstehen. Das saubere Diktieren ("Druckreif") für den nächsten Schritt habe ich noch nicht gelöst - und solange ich "Brain.exe" trainieren muss, mache ich mir keine weiteren Gedanken über die Soundqualität des Diktiergerätes.
Viel Erfolg beim Einstieg - meiner Meinung nach lohnt es sich
Den wirklich umfassenden und lichtvollen Ausführungen von Frank68 ist wenig hinzuzufügen, außer vielleicht:
Dragon ist zwar ganz klar auf das Diktat am Bildschirm mit „visueller Kontrolle“ ausgelegt. Jedoch bringt mit einiger Übung auch das Offline-Diktat per Diktiergerät zumindest brauchbare Resultate (abhängig von den Fremdgeräuschen). Unser Administrator Rüdiger verfügt diesbezüglich über viel Erfahrung und Expertise. Die von Dragon aus Audiodateien umgesetzten Diktate liegen als unformatierter Text vor und müssen mit den üblichen Methoden (Maus, Tastatur) nötigenfalls in spezielle Dokumentvorlagen wie Tabellen oder Präsentationen übertragen werden (wobei dann auch noch Korrekturen anfallen).
Wer daher ausschließlich bei Außenterminen usw. Offline-Diktate anfertigen will, dürfte mit einer humanoiden Schreibkraft immer noch besser bedient sein als mit einer dragonoiden....
Ich kann mich dem nur rundherum anschließen. Der Bericht von Frank68 ist meines Erachtens Beleg eines in allen Punkten gelungenen Einstiegs. Alle Achtung, wenn er nach einem dreiviertel Jahr schon so weit ist, sofern ich mich erinnere, war ich nach der Zeit noch nicht so weit. Aber, ich hatte ja auch kein Forum, wir hatten ja praktisch nichts, und ich musste mir alles selbst aneignen - Fehler machen, daraus lernen und noch mal neu und anders anfangen. Das ist schon extrem mühsam, und ob das jeder will und kann?
Was das Offline-Diktat betrifft, insbesondere unterwegs, sollte man die Erwartungen ganz weit herunterschrauben.
Rüdiger59
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Dragon Professional 16 auf Windows 10 Pro und Windows 11 SpeechMike Premium (LFH3500); Office 2019 Pro + Office 365 (monatliches Abo) HP ZBook Fury 17 G8 - i7-11800H - 24 MB SmartCache - 32 GB RAM - 1 TB SSD
Zitat von R.WilkeAber, ich hatte ja auch kein Forum, wir hatten ja praktisch nichts, und ich musste mir alles selbst aneignen - Fehler machen, daraus lernen und noch mal neu und anders anfangen. Das ist schon extrem mühsam, und ob das jeder will und kann?
Vielen Dank für die Blumen! Für den Einstieg war das Forum eine tatsächlich wesentliche Erleichterung, hierfür herzlichen Dank! Wenn ich alle Fehler hätte selber machen müssen - nein, das hätte ich weder gewollt noch durchgehalten! Vor ca. fünzehn Jahren bin ich mit einem kurzen Dragon-Versuch kläglich gescheitert, dies lag sicherlich an nicht so optimaler Hardwareausstattung (PC, günstige Soundkarte, günstiges Headset) und der bestimmt noch nicht so guten Software.
Aufgrund der Rückmeldungen habe ich gerade einmal überlegt, was mir eigentlich den Anfang erleichtert hat:
1. Viele Hinweise habe ich lesend aufgenommen und versuche diese zu beherzigen. Insbesondere das Durcharbeiten der Einstiegslektionen (Wie mache ich das: Schritt für Schritt zum perfekten Diktat) sowie der Hinweis auf das Arbeitsbuch aus dem Voelter-Verlag. Die Befehlslisten liegen ausgedruckt und laminiert neben der Tastatur. Ebenso haben die Ratschläge zur Auswahl von Mikrofonen mir Irrwege erspart.
2. Glück hatte ich sicherlich durch meine erste Anforderung an Dragon, Texte zu exzerpieren. Durch das „Vorlesen“ von Literaturzitaten war nahezu sofort ein Benefit erfahrbar. Ich hatte die Hände frei, konnte mich auf den Text konzentrieren. Tippfehler fielen weg. Da ich keinen neuen Text formulieren musste (oder bei Zusammenfassungen nur kurze Textstücke) konnte mich somit wesentlich auf Satzzeichen und sauberes Diktat konzentrieren. Formatierung des Textes war dabei erst einmal nebensächlich. Der Drachen hatte lange Pausen, in denen ich Ihn schlafen geschickt habem, während ich weitergelesen und gedacht habe
3. Persönlich schätze ich mich als sehr Technik- und Computeraffin ein, habe allerdings einen autodidaktisch erworbenen "zirka sieben Finger-Tippstil", bei dem ich im wesentlichen auf den Bildschirm oder den vorliegenden Text schaue. Ich bin recht flott, produziere leider Rechtschreibfehler mit entsprechenden Nachbearbeitungsaufwand sowie bei längerer Anwendung verkrampfte Finger. In Verbindung mit Punkt 2 ein guter Motivationsfaktor. Für einen Maschinenschreibkurs fehlte mir immer die Disziplin. Insbesondere beim Abtippen von Interviewtexten hätte ich mir immer eine bessere Lösung gewünscht.
4. Durch meine berufliche Tätigkeit als Dozent, teilweise in Zusammenarbeit mit Konsekutiv-Dolmetschern, bin ich gezwungen klar strukturiert und deutlich zu sprechen. Ich hoffe allerdings, dass ich nicht irgendwann anfange Satzzeichen in meinen Vorträgen mitzusprechen. Durch Vorerfahrungen (Funken unter schwierigen Bedingungen im Rettungsdienst/Katastrophenschutz und Leitstellentätigkeit) ist mir der Umgang mit Headset und klare Betonung der Sprache nicht ganz neu. Wie sagte mein Fernmeldeausbilder: "Erst denken - dann Taste drücken - dann sprechen" Jede andere Reihenfolge funktioniert nicht.
Auslöser für den aktuellen Einstieg mit Dragon war ein erfahrener Anwalt, der mich vertreten hat. Bewundernd habe ich sowohl seine präzisen Formulierungskünste, die er in eine Mischung von Maus und Mikrofon (nein, ich könnte den Typ heute nicht mehr identifizieren) so druckreif sprach, dass ich beim Herausgehen aus der Kanzlei von der Sekretärin eine Kopie mit bekam und sah wie sie das Original in die Unterschriftenmappe legte. Diesen Dreiklang (Diktierstil, reibungslose Kanzleiorganisation, flüssige und druckreife Formulierung eines komplizierten Sachverhaltes) habe ich mit Hochachtung vor Augen.
Das eine Teil des Diktierens (im Sinne von klarem Sprechen) empfinde ich als schnell erlernbar im Umgang mit dem Drachen. Das Handling mit Befehlen als zweiter Teil erfordert Disziplin und Training (und könnte im Zusammenhang mit einigen Programmen optimiert werden!). Der dritte Teil des Diktierens (im Sinne von Textaufbau, die Struktur im Kopf haben) stellt für mich extrem hohe Anforderungen. Je mehr Ressourcen ich bereits für die ersten beide Punkte aufwenden muss, desto weniger bleibt für den Inhalt über. Das habe ich unterschätzt.
Mein Fazit als Einsteiger - als Schnittstelle "Gesprochene Wörter => Text im PC" ist der Drachen schnell einsetzbar. Wesentlich sind die Vorgänge im Kopf (Gehirn und Mund) des Anwenders - also bis die Sprache den Mund verlässt. Später kommt dann evtl. noch mal ein Schritt zu mit Profilpflege, Diktiergerät, Netzwerkinstallation..... - dies dauert sicher noch.
Hier noch mal der Dank an das Forum - Betreiber, Administratoren und schreibende Mitglieder! Mir hat es geholfen - auch wenn ich zwischenzeitlich meinte einen "genervter Tonfall" wahrgenommen zu haben und Sorge bezüglich des Fortbestandes hatte. Als Anfänger wollte ich weder durch einfache Fragen (die ich mir durch die Suchfunktion selber beantworten konnte), noch durch banale Beiträge auffallen - und war deswegen stille Mitleser.
In Anbetracht der Tatsache, dass hier eine Anzahl Anwälte vertreten ist - wie haben Sie eigentlich diktieren gelernt? Dabei interessiert mich vor allem die "Textproduktion" - unabhängig vom technischen Aspekt (Diktiergerät /Drachen/Mikro...) oder Hinweise an das Sekretariat. Gibt es hierzu Hinweise, die auch für "Nicht-Juristen" hilfreich sein können?
Zitat von R.WilkeWas das Offline-Diktat betrifft, insbesondere unterwegs, sollte man die Erwartungen ganz weit herunterschrauben.
Das habe ich ganz schnell gemerkt! Ebenso der Versuch, einen Vortrag oder eine Besprechung vom Diktiergerät über Dragon umsetzen zu lassen. Ich gestehe - trotz der Warnungen (denen ich geglaubt habe) wollte ich es einfach mal probieren - das Ergebnis war viel Rechenzeit ohne Output. Trotzdem - ich bin froh, angefangen zu haben!