Lieber Herr Wagner,
ich bin einigermaßen überzeugt, dass es zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage fast ebenso viele Meinungen wie Benutzer geben wird.
Aus meiner Sicht jedenfalls ist es völlig klar, dass NaturallySpeaking den Einsatz anderer Eingabegeräte keinesfalls überflüssig macht, sondern diese in mehr oder minder großem Umfang ergänzt – in großem bis fast vollständigem Umfang bei der Texteingabe, deutlich weniger bei Befehlen für Software und Betriebssystem. Der Umfang im einzelnen ist aber stark individuell geprägt – ein RSI-Patient wird die Verwendung von Maus und Tastatur weit gehend zu vermeiden haben, erst recht gilt das natürlich für Personen mit weiterreichenden körperlichen Herausforderungen. Auch hängen Nutzerverhalten und Geräteausstattung voneinander ab: Ein Eingabegerät wie das SpeechMike ist geradezu auf den ergänzenden Einsatz eines Trackballs sowie einiger spezieller Funktionstasten ausgelegt. Ich selbst verwende im normalen Einsatz SpeechMike mit Funktionstasten, Trackball, Scrollrad sowie Maus (ebenfalls mit Scrollrad und div. Zusatztasten) munter nebeneinander.
Dabei kommen die Funktionstasten des SpeechMike vor allem für die Bedienung von Dragon NaturallySpeaking selbst zum Einsatz. Sowohl das Ein- und Ausschalten des Mikrofons als auch der Aufruf des Korrekturdialogs gehen einfach viel schneller – außerdem vermeidet man in Gegenwart Dritter Äußerungen, die einem Unbeteiligten reichlich skurril vorkommen müssen („Geh schlafen“, „wach auf“, „korrigier das“, „nimm 2“ und dergleichen).
Andererseits gibt es je nach Situation und individuellen Vorlieben auch jede Menge Dinge, die sich mit Sprachbefehl prima erledigen lassen, übrigens auch eine E-Mail „senden“, oder von jedem beliebigen Punkt der Benutzeroberfläche zu sagen „schreibe eine E-Mail an A. Wagner“. Was die natürlichen Sprachbefehl angeht, so bin ich auch nach Jahren der Erfahrung mit dem Programm zuweilen noch erstaunt, was der Hersteller so nach und nach alles integriert hat. Ich kann nur jedem, der Google Desktop benutzt, empfehlen, mal zu sagen "Durchsuche den Computer nach......." [... steht für einen individuellen Suchbegriff] - es ist der Hammer. Teilweise sind die Befehle schon so aggressiv, dass man sie zur Vermeidung von Unfällen selektiv (nach einzelnen Befehlen über die Optionen oder Situationen über den Diktiermodus) abschalten kann/sollte.
Woanders habe ich schon mal geschrieben, dass der Wechsel der Eingabemethoden möglicherweise auch davon abhängt, wie das eigene Gehirn so verdrahtet ist, oder von der Tagesform, oder wiederum von Hardware und Schreibtisch-Setup: Dem einen ist es wichtiger, alle Zugriffstasten schnell zur Hand zu haben (der SpeechMike-Typ), dem anderen, jederzeit beide Hände für die Tastatur frei zu haben (der Kopfbügel- oder Desktop-Array-Mikrofon-Typ). Bei uns im Büro gibt es beide „Fraktionen“ – ab und an wechselt auch mal jemand.
Auf eines sollte man m. E. allerdings Rücksicht nehmen: Häufige händische Texteingaben in einem Dokument stören den Drachen beim Lernen, weil dann der Zusammenhang zwischen gesprochenem Wort und erkannter Äußerung verloren geht.
Also: Viel Spaß und Mut beim Ausprobieren.
Gruß, Marius Raabe
Dragon NaturallySpeaking 11.5 Legal Windows 7 Prof. 64-Bit, Office 2010, Jarte Plus Philips SpeechMike II Pro Plus, SpeechMike III, SpeechMike Air, PDCC 2.8 Intel Core2 Quad Q9550, 2,83 GHz, 2x6MB L-2, 8 GB RAM
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